Fördert man als Eltern und Erzieher ihr Interesse an der (nicht nur heimischen) Fauna, so lernen sie bereits in ganz jungen Jahren und nahezu von selbst, Behutsamkeit im Umgang, angemessenen Respekt und mehr oder weniger große Faszination kennen, die Bedürfnisse der zwei- bis achtbeinigen Freunde zu achten und Verantwortungsbewusstsein und Fürsorge im Zusammensein mit Tieren.
Soweit die Theorie. In der Praxis kann wie immer einiges schieflaufen.
Auch meine eigenen Eltern waren sehr darauf bedacht, mir
all dies schon von Klein auf zu ermöglichen.
Und so „litten“ im Laufe der Jahre und
Jahrzehnte unzählige verschiedene Individuen und Arten auf unterschiedlichste
Weise unter meiner „Liebe“.
Bereits im zarten Altern von zwei Jahren, baute ich im Sandkasten Tierparks für
Schnecken, Würmer, Käfer, Asseln und Co und zwang die bedauernswerten Kreaturen
zum Aufenthalt und zu allerlei Kunststücken im selbst kreierten „Insektenparadies“ (wohl eher Folterhölle).
Die Regenwürmer waren am Schlimmsten dran: Sie vermehrte ich
kurzerhand mit einem beherzten Riss durch ihre Mitte. Ich fand daran nichts
Verwerfliches, lebte doch mindestens eine Hälfte weiter – ich bildete mir sogar
ein: Beide!
Später betrieb ich allerlei „Terrarien“ und „Aquarien“ in
den gesammelten Gurken- und Marmeladengläsern meiner Mutter. Es gab
Schneckengläser, Käfergläser – ja sogar einmal neugeborene, verwaiste Mäuse. Auch
verwurmte Igel, die zu früh vom Winterschlaf erwacht waren, kamen in den Genuss
meiner „Behandlung“, genauso wie aus dem Nest gestürzte Spatzenbabys.
Mit mehr oder weniger Erfolg brachte ich
sie entweder zurück ins Leben oder erlöste sie, in dem ich sie in den Tod
begleitete oder ihnen unfreiwillig zum schnellen Ableben verhalf.
Einmal vergaß ich ein besonders liebevoll umsorgtes Gefäß
mit Kaulquappen und Fröschen (und allen Entwicklungsschritten dazwischen) während
eines Schwimmbadbesuches auf dem sonnigen Fensterbrett.
Als ich wieder heimkam,
begrüßte mich eine lauwarme, übelriechende Fischsuppe. Es zerriss mir schier
das Herz.
Ich beherbergte später noch etliche Meerschweinchen und
Kaninchen von jeweils bemitleidenswert kurzer Lebensdauer. Im Optimalfall „entkamen“
sie mir beim „Gassi-Gehen“, im schlechtesten Fall verstarben sie an Verfettung,
Hitzeschlag, Marderbesuch oder eitrigen Abszessen.
In meiner Jugend folgten dann diverse Nachbarshunde, die ich jeden Tag abholte,
um sie um den Häuserblock zu schleifen, mit ihnen zu „trainieren“ und sie bis
oben hin voll Leckerlis zu stopfen.
Von den unzähligen Reitstunden auf geschundenen Schulpferden will ich gar nicht erst anfangen. Es ist ein trauriges Kapitel.
Von den unzähligen Reitstunden auf geschundenen Schulpferden will ich gar nicht erst anfangen. Es ist ein trauriges Kapitel.
Allein mit der Katze meiner Eltern schien ich ein
glückliches Händchen zu haben. Sie liebte mich zumindest so sehr, dass sie ihre
Jungen (statt in ihrer fachmännisch errichteten, geschützten Wurfkiste) lieber
unter meiner Bettdecke an mich gekuschelt, zur Welt brachte. Ich erwachte mit
klatschnassen Haaren – ihre Fruchtblase war auf meinem Kopfkissen geplatzt.
Ausserdem schenkte uns eben dieser Stubentiger seinerzeit einen
Schleierschwanz-Goldfisch – ein imposantes, schönes Tier aus dem Nachbarteich.
Er wurde von mir in die Salatschleuder gerettet, wo er sich erstmal ein paar
Runden ausgiebig übergab, um dann unter dem wunderschönen Namen „Anneliese“
noch einige Jahre in einem echtem (!) Aquarium unter der Obhut meines Vaters
(und unter ständiger Beobachtung der Katze (namens „Edeltraut“) weiterzuleben.
Als ich einige Zeit später das mittlerweile leerstehende
Aquarium an einen weiteren Fisch, genannt „Nepomuk Elektrosmog“
weitervermietete, schwamm dieser allerdings bereits nach wenigen Tagen mit dem Bauch
nach oben im trüben Wasser.
Heute noch schäme ich mich für meine Taten, die mir damals
ganz selbstverständlich und sogar extrem tierlieb vorkamen.
Vielleicht bin ich
deswegen seit meinem 10. Lebensjahr Vegetarier, phasenweise vegan. Ich sammle
bis heute Schnecken nach dem Regen von der Straße und rette sie so vorm Zertreten-
oder Überfahren werden. Ich unterstütze Greenpeace, Tierheime und Gnadenhöfe für
ausgediente „Arbeitstiere“ und denke nicht, dass all das auch nur EINEN Tropfen auf
den heißen Stein bedeutet.
Was soll ich sagen?
Die Äpfel fallen nicht weit vom Stamm…
Auch die (eine Minute) ältere der beiden Krawallkröten ist
noch vor Vollendung ihres ersten Lebensjahres schon das erste Mal (mit Mama
zusammen) auf einem Isländer geritten und kommt seitdem an keinem Ross mehr ohne
begeisterte „Hoppa-Hoppa!“-Rufe vorbei. Pferdeheftchen werden eifrig studiert
(bei Mama kam die Phase erst gute zehn Jahre später) und alles zum „Reiten“
missbraucht, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
Jeder Hund und jede Katze werden mit „Eiei-Eiei machen!!!“ um
die Ecke gejagt. Kommt allerdings eine Katze ungefragt in unseren Garten oder gar ins Haus oder läuft
ein kleiner Hund auf die Zwillinge zu, dann wird panisch „Wauwau weg!“, „Katsiii nein!“
gerufen und die Flucht nach hinten angetreten.
Alles, was da kreucht und fleucht wird pauschal mit „Summ-Summ!“
bezeichnet und ist teilweise auch elementarer Bestandteil diverser
schrecklicher Albträume. („Nein, Summ, nein!!!“). Die Kinder müssen über ameisenverseuchte
Türschwellen gehoben werden (mit ängstlich angezogenen Beinen) oder zertrampeln energisch Käfer,
wenn das Mami nicht schnell genug zur Stelle ist.
Es ist allein von der
Logik her auch extrem unschlüssig und daher 2,5- jährigen "Tierforschern" schwer zu
erklären, warum wir zwar Mücken zerschlagen (und uns darüber freuen), Käfer
aber bestaunen und befreien sollen…
Unsere ersten „eigenen“ Tiere waren "Susi aus Kreis 4" (bei
starkem Regen an der Kinderkrippe eingesammelt) und "Stefan aus Höngg" (wenige
Stunden später vor der Haustüre zur Lebensabschnitts-Gefährtin ins Sammelgefäß
gestoßen). Zwei stattliche und imposante Weinbergschnecken, die für die
Krawallkröten von höchstem Interesse waren.
Leider mussten wir uns bereits am nächsten Tag (trotz eigens
liebevoll eingerichteten Terrariums und Salat-Überangebot) wieder von den
beiden trennen (keine Angst – sie wurden behutsam von MIR im Garten
ausgesetzt!), da KW 1 steif und fest behauptete, dass Stefan sie in den Finger
gebissen hatte! Sie war empört!
Seit wir (Papa, Mama, Krawallkröte 1 und Krawallkröte 2) vor
einem guten Monat in ländlichere Gefilde gezügelt sind, beherbergen wir nun
auch wieder Mamis „Zwerg-Chüngeli“ (welches sich eigentlich auf einen ruhigen
Lebensabend bei den Grosis der Krawallkröten eingestellt hatte).
Dieses wird nun von früh bis spät von den beiden kleinen
Tierfreunden mit Löwenzahn zwangsernährt. Von allen Seiten werden ihm die selbst gepflückten
Delikatessen unter „Tuut-Tuut“ - Rufen in alle Körperöffnungen gesteckt, bis es
verzweifelt hineinbeißt, was dann wiederum mit lauter Begeisterung und „Jaaaa, Jaaaa!“
quittiert wird.
Zudem wurde es so oft auf „allen achten“ im Käfig besucht (oder soll ich lieber heimgesucht sagen?),
dass es sich nun einen viel geschützteren, ruhigeren Aufenthaltsort (unter dem Crosstrainer,
hinter den letzten drei Zügel-Kisten) gesucht hat.
Ausgewandert. Zuviel Liebe. Genau wie damals. Wir leben in unseren Kindern weiter. Alles wiederholt sich.
Besagtes Häschen muss sich bis auf Weiteres keine Sorgen machen,
dass das Mami der Krawallkröten es aus der neuen Zuflucht vertreiben wird um Sport zu machen.
Dafür ist sie zu sehr
beschäftigt. Mit Tiere retten. Diesmal vor den eigenen Kindern. Der ewige
Kreislauf eben.