Montag, 11. Januar 2016

Schmutzfimmel

Zu aller erst vorweg geschickt sei:
Nein, ich bin keine dieser Sagrotanmütter.

Ja, bei uns kann man vom Boden essen. Weil es so sauber ist?
Mitnichten. Eher deshalb, weil meist soviel Essbares auf dem selbigen verteilt liegt.


Ob meine Kinder, die genetisch identischen Krawallkröten KK1 und KK2 an einer neurotischen Mutter leiden, die ihre Zwangsstörung in Form eines antrainierten, übersteigerten Sauberkeitsbedürfnis an die Brut weiterzugeben bestrebt ist? Auch das muss ich entschieden verneinen.

Was KK2 (also die 60 Sekunden jüngere der kleinen Kröten) neulich mit unserem Haushaltsbesen in ihrer Kinderkrippe wollte? Ich weiß es nicht.
Sie kann es mir leider auch nicht wirklich erklären, denn sie pflegt sich in keiner Erwachsenen-Sprache zu artikulieren.


Sie versteht fließend Deutsch, Italienisch und Schwyzerdütsch - diesbezüglich gibt es keinen Zweifel. Allerdings kommuniziert sie mit der Zwillingskrötenschwester ausschließlich in Zwillingskrötenschwesternsprache.

Das reicht den beiden bislang vollkommen aus und sie zeigen sich beide gänzlich unbeeindruckt vom stetig wachsenden Wortschatz ihrer gleichaltrigen Kollegen und derer, vor Stolz über die sprachbegabten Sprösslinge fast platzenden, Mütter.

Jedenfalls sollte der Besen unbedingt mit. Und ich glaube NICHT, dass sie ihn aus Unzufriedenheit über die Hygieneverhältnisse in ihrer Krippe ins Handgepäck schmuggeln wollte. Auch nicht so einfach bei einem Gegenstand von 150 cm Länge. Das mit dem Schmuggeln.


Nachdem die Krawallkröten bislang auch noch keine Bekanntschaft mit "Kartoffelbrei" (dem Besen der kleinen Bibi Blocksberg) machen konnten, gehe ich auch nicht davon aus, dass sie gewillt war, neben unserem Tram die gesamte Wegstrecke lang herzufliegen.

Von daher sehe ich mich gezwungen, anzunehmen, dass sie ihn fürs "Show & Tell" (also zum Präsentieren in der Morgenrunde) vorgesehen hatte, wahrscheinlich um der versammelten klein-kindlichen Audienz seine Hauptfunktion - nämlich das Hervorholen verloren geglaubter Gegenstände von unter Sofas, Schränken und Betten - anschaulich zu demonstrieren.

Langer Rede, kurzer Sinn: Die Mutter war NICHT bereit, den Besen nebst Zwillingskinderwagen und Krawallkröten in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren und den Erzieherinnen anschließend dessen Anwesenheit zu erläutern. Das Geschrei war groß, der Besen blieb daheim in seiner Ecke und wartete auf bessere Tage.

Im Italienurlaub vergangenen Sommer hatten wir es allerdings in jedem Restaurant das wir abends besuchten, gar mit einer ganzen Putzkolonne zu tun.
Kaum hatten wir uns einen schönen Platz ausgesucht und den Aperitif geordert, begann die Unruhe jeweils schon und "monk-mäßig" ("Wipe! Wipe!) wurde um uns herum gewischt, was das Zeug hielt.


Keine Stuhllehne, kein Teller, keine Gabel, kein Kieselsteinchen und keine Service-Kraft wurde vom Reinigungsfieber verschont. Emsig wie die Bienchen polierten die Krawallkröten alles im Umkreis von 5 Metern und hätten wir sie gelassen - sie hätten sicher auch noch die Damentoilette geschrubbt.


Nur um das nochmal klarzustellen: Ich bin KEINE dieser Sauberkeitsfanatikerinnen. Putzen ist weder mein Beruf, noch meine Leidenschaft.

Unter uns: Wenn wir nicht gerade Besuch erwarten, lasse ich Fünfe auch mal für ein paar Tage hintereinander grade sein. Und wenn unsere Haushaltshilfe einmal in der Woche den Staubsauger aus der Garage holt und mit schweren Geschützen aus diversen Sprühflaschen auffährt, verlasse ich lieber fluchtartig  mit den Zwillingskröten das Haus.


Letzte Woche allerdings traf mich fast der Schlag. (So abgebrüht bin ich demnach doch noch nicht.) Ich beobachtete KK1 und KK2 dabei, wie sie - routiniert und eingespielt, wie ein eingeschweißtes Team - die Möbel im Wohnzimmer "pflegten".

KK1 (ehemals "führender Fötus") spuckte (ja: Spuckte!) jeweils auf die zu reinigende Oberfläche und KK2 ging für das Finish sozusagen noch mit dem Kosmetiktuch drüber.

Da ich vor Entsetzen erstmal keinen Ton herausbrachte, arbeiteten sie sich auf diese Weise von den Lederbezügen der Esszimmerstühle, über die Marmorfläche des großen Tisches bis hin zu den Waben der Wohnzimmerheizung vor, wo ich dann endlich meine Sprache wiederfand und entsprechend vehementen Einspruch erheben konnte.

Nein, ich möchte NICHT wissen, woher sie sich diese Technik abgeschaut haben und ich möchte sie auch lieber nie wieder zu Gesicht bekommen.
Darauf verzichte ich dann doch gerne.

Und nur so zur Sicherheit meine ich:
Ein bisschen Sagrotan kann ja nie schaden, oder?











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