Montag, 3. August 2015

Akkordarbeit versus Fair Trade

("Wegnehmen" ist was für Babys)

Die besten Mädchen der Welt werden in einigen Tagen eineinhalb Jahre jung.
Zeit für ein erstes Zwischenresümee?

Soviel hat sich verändert in den letzten 18 Monaten. Lediglich die Augenringe und die Rückenschmerzen sind gleich geblieben.

Mäusezähnchen 1 & 2 bereiten uns jeden Tag unendlich viel Arbeit und noch mehr Freude. An manchen Tagen auch anders herum.

In den letzten Tagen beobachte ich MZ1 (mittlerweile KEINEN Zentimeter mehr größer als MZ 2, ihr aber immer noch ganze 60 Sekunden in Lebenserfahrung voraus) immer wieder, wie sie mehr oder weniger fremden und (mir) mehr oder weniger sympathischen Jungs, spontan um den Hals fällt, sich fest an sie schmiegt und teilweise sogar versucht, die (Un-) Glücklichen zu küssen. Ja, KÜSSEN!

"Wie schnell doch die Zeit vergeht", denke ich mir in solchen Augenblicken. Die Objekte der klein-kindlichen Begierde (also die niedergeknutschten Buben) schwanken (auch in wortwörtlicher Hinsicht, dem Gewicht der kleinen Draufgängerin geschuldet) zwischen Überraschung und Überforderung. Es ist ja allgemein bekannt, dass sich Frauen schneller entwickeln. Aber muss gar es so schnell sein? (Ich selbst beispielsweise bin mit 15 Jahren noch nicht so ans andere Geschlecht „rangegangen“, wie meine (eine Minute) ältere Tochter das mit  ihren noch nicht einmal 18 Monaten tut!

Anderes Beispiel: Noch vor wenigen Wochen artete unser 14-tägiger Großeinkauf (im sehr viel günstigeren, deutschen Ausland – ja ich gebe es ungeniert zu, auch wenn mich viele Schweizer dafür hassen werden – aber irgendwo muss das Geld ja auch herkommen!) meist erst nach der Rückkehr zur ultimativen Katastrophe aus.

Die Mäusezähnchen stürzten sich dann wie die Geier auf die vielen Kisten und Tüten mit den Einkäufen, zertraten dies, zermanschten das, verschleppten jenes, verschütteten etwas anderes (siehe z.B. meinen Beitrag „Vorsicht Schlüpfrig“)  und hinterließen unter Garantie in jedem einzelnen Lebensmittel (vom eingepackten Baby Bel Käse bis zur ungeschälten, roten Zwiebel) ihre Bissspuren. Konsequent.

Oft hatten wir etliche Stunden, teilweise Tage nach dem Einkauf noch unsere Freude an den Folgen. (Ja, was liegt denn da ganz hinten unterm Sofa und stinkt unauffällig vor sich hin??? Wer hat denn zerbrochene Eier eingekauft? Wo ist denn eigentlich die Zahnpasta hingekommen, haben wir doch auch mitgenommen!!!)

Neu ist: Es gibt eine LIEFERKETTE!!! Der Papa lädt die Kisten, Kästen, Tüten und Taschen aus dem Auto, stellt sie in den Garten wo Mäusezähnchen 1 schon eifrigst bereit steht. Aber es wird nichts mehr zerdrückt, zerbissen und versteckt – nein! Produkt für Produkt wandert voller Tatendrang aus den Einkaufskörben direkt in die Hände von  MZ 2, welches wiederum emsig wie ein fleißiges Bienchen zwischen Terrasse und Küche hin und her wuselt und Zubringen für die Mama spielt, die alles nur noch in Kühlschrank, Gefrierfach oder Vorratsschrank räumen muss!

Kinderarbeit sagt ihr? Ja, vielleicht. Aber so geschäftig und stolz sieht man die vorbildhaften Muster-Engelchen sonst ganz, ganz selten. Sie fühlen sich so unglaublich wichtig und ja - sie helfen doch auch wirklich! Selbst wenn man sich an der Reihenfolge und Auswahl, dem Tempo der Zustellung oder der Transport-Art ("Möchtest du das groooße Glas wirklich unterm Arm tragen?" "Bitte das Joghurt nicht so feste drüüü..." – ...zu spät…) stören möchte, die Mäusezähnchen sind in dieser Zeit beschäftigt, bleiben im Blickfeld und stellen nichts an. Was will man mehr?

So gewissenhaft, folgsam und „bei der Sache“ sind sie eigentlich nur bei EINER anderen Gelegenheit: Wenn ich zu Tisch bitte. Während ich in der Küche noch das Essen zubereite, fällt irgendwann der Satz: “Setzt ihr euch bitte schon in eure Stühlchen, gleich gibt’s Essen.“ Und selbst wenn ich diesen Satz nur flüstern würde und dabei auch noch gegen die Wand sprechen, die Mädchen RENNEN ins Wohnzimmer, sind hyyyyyper-aufgeregt und eilig, suchen sich die beiden Stühlchen (die meist IRGENDWO in Wohn- oder Arbeitszimmer verstreut parkiert stehen) und setzen sich so schnell, wie IRGENDWIE möglich darauf. Ich habe es mehrfach heimlich beobachtet. So panisch nach einem Stuhl gerannt bin ich selbst früher höchstens auf Kindergeburtstagen, wo die „Reise nach Jerusalem“ gespielt wurde und dem Gewinner ein "kleines" Säckchen mit 5kg Gummibärchen winkte…

Ich muss dann nur noch die hungrige Meute auf ihren Stühlchen in Richtung Essplatz „fahren“, optimaler Weise in Blickrichtung Esstisch drehen, anschnallen und servieren. Tiptop!

Ärger hingegen bereitet immer noch das leidige Thema „Meins – Deins“, was man treffender mit „MEINS! MEINS! MEINS!“ beschreiben könnte. Ihr erinnert euch an die Möwen in „Findet Nemo“? Es sieht so aus und es klingt auch so, als wenn ein Schwarm gierig kreischender Möwen nach einem einzelnen, kleinen Clownfisch hackt.

Aber selbst hier zeigt sich eine Entwicklung. In Richtung Trade. Nicht Fair Trade, aber immer hin Trade. Das Objekt der Begierde (Gottseidank in diesem Fall kein blondes Büebli) wird nicht mehr einfach herzlos der Schwester entrissen (wie in den vergangenen Monaten üblich) – NEIN, es wird ihr SOGLEICH (quasi schon im Vorfeld geplant und genau vorbereitet) ein Ersatz überreicht! Ob sie diesen dann jeweils adäquat findet, sei dahingestellt. Aber immerhin! Es handelt sich hierbei, wie man bemerkt, schon lange nicht mehr um einfaches „Wegnehmen“. „Wegnehmen“ ist was für Babys, Kleinkinder TAUSCHEN!

Das Geschrei bleibt dasselbe…



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