Freitag, 3. Juli 2015

Rot-Weißes Sommerloch

Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, aber tatsächlich stellt sich dieses Jahr unerwarteter Weise eine Art Sommerloch bei uns ein. Ich kannte das bisher nur aus den Zusammenhängen mit Medien oder Politik. Wenn einige Wochen nichts Interessantes mehr im TV zu sehen war, nur Wiederholungen. (Wobei, wann WAR eigentlich das letzte Mal etwas Interessantes im TV zu sehen?) Oder wenn die Zeitungen nur noch halb so dick waren wie sonst und trotzdem voll mit irrelevantem Füllstoff.

Man möchte meinen, als Vollzeit-Mami von 16-monatigen Zwillingsmädels wäre arbeitstechnisch sowieso immer Hauptsaison: Das bisschen Haushalt macht sich eben nicht von allein, die Ansprüche der besten Mädchen der Welt werden mit dem fortschreitenden Entwicklungstand nicht gerade geringer – es sollte diese Art von Job also eigentlich keinen saisonalen Schwankungen unterworfen sein. Möchte man meinen, wie gesagt.
Aber irgendwie ist momentan doch alles ganz anders. Seit Mitte Juni ist gefühlt ganz Zürich im Sommermodus. Das Leben besteht nun aus Apéro und Badi, Grillieren, Festivals und Ferien. Vielleicht in die Toblerone-Berge zur Abkühlung… Möglicherweise auch nach Ägypten zum Schnorcheln. Destination ist eher Nebensache.

Jedenfalls herrscht in den überhitzten Räumen der Chrabbelgruppe im Moment ebenso gähnende, lähmende Hochsommer-Leere, wie in unserem wohnungs- und hausflurinternen Mami- und Kinder-Treff. Einfach niemand da! Alle ausgeflogen - im wahrsten Sinne des Wortes. Das ganze Planschbecken gehört den Mäusezähnchen allein, das ganze Kaffeegebäck dem Mami allein. (Das ist übrigens kein grammatikalischer Fehler, liebe nicht-schweizerischen Freunde - man sagt tatsächlich: "Das Mami")

Es ist still geworden. Mit der drückenden Hitze kam auch die Stille. Und die Entschleunigung. Gottseidank. Ansonsten hätte sich der Kreislauf auch über kurz oder lang in die Ferien verabschiedet. (Meine Rechtschreibprüfung hat was gegen die "Entschleunigung". Hat wohl noch nie davon gehört? Oder handelt es sich dabei etwa um ein "Unwort" der letzten Jahre?)

Die besten Mädchen der Welt setzen sich schon nach dem Aufstehen in den erfrischenden Sprühnebel vom Gartenschlauch. Rücken zum Wasser. Ausziehen muss man sie nicht, denn sie haben gar nichts an. Wenn - allen Umständen zum Trotz - doch einmal Besuch erscheint, dann tragen sie Pampers.
(Außer vielleicht es handelt sich um so überraschenden Besuch, wie unseren Hausmeister heute Vormittag, der plötzlich im nassgeschwitzten Unterhemd (wer kann es ihm verübeln?) - die Zigi im Mundwinkel, die Elektro-Sense in der Hand  -vorm Pool (und den nackigen, ebenso überraschten Hasenpupsen) stand und "Wotsch trimme?" grummelte.)


Tagsüber laufen sie eventuell ein paar Schritte die beiden. Auch um ihre neu gewonnene Fähigkeit nicht ganz in Vergessenheit geraten zu lassen. Vom Herumlümmeln auf den sonnigen Liegestühlen die zwei Meter weit bis ins kühlende Nass ihres Mini-Pools vielleicht. Oder vom kalten Buffet am Sofa-Tisch ins kühle, dunkle Schlafzimmer, ein bisschen Siesta halten – einmal quer durch die Wohnung immerhin – auf den ebenfalls angenehm kühlen Steinfliesen.

Der Rhythmus hat sich verändert. Man ist müder und schwerfälliger. Der Mittagsschlaf hat sich verlängert, die Spaziergänge gibt es kaum noch – die Hitze fordert ihren Tribut. Nebenbei sind die kleinen Sonnenanbeter noch mit der Produktion von Backenzähnen und der Massenvernichtung von Erdbeer-Glaces beschäftigt. Aber nur am Rande. Alles andere wäre viiiiiiiel zu anstrengend.


Und das Mami? Das Mami tupft sich die schwitzige Stirn, stellt ihre geschwollenen Füße ins wohltemperierte Poolwasser, serviert kühle Getränke, stockt das kalte Buffet von Zeit zu Zeit auf, unterbricht nervige Ameisenstraßen mit dem Wasserstrahl, jagt Mücken (auch die sind träge und darum leicht zu erwischen) und fischt zweifelhafte U-Boote aus dem Planschbecken.Das absolute Highlight der letzten Wochen war ein Höhepunkt des autoaggressiven Verhaltens meinerseits. Bei 36 Grad Außentemperatur habe ich mich von morgens bis nachts an den Herd/Backofen gestellt und im Akkord Guetzli (Schriftdeutsch: Plätzchen/Kekse) gebacken! Frohe Weihnachten allerseits! In weniger als 6 Monaten ist es wieder soweit.

Dachte mir wohl: „Wenn ich schon schwitzen muss, dann wenigstens richtig!“ Und das nicht nur wegen der Bullenhitze, sondern weil ich die beiden besten Mädchen der Welt parallel dazu nonstop zwischen Backstube (Vorsicht, heiß!) und Planschbecken (Kinder niemals unbeaufsichtigt lassen!) beaufsichtigen und unterhalten musste.


Außerdem hat sie die dritte Runde im Babysitter-Casting eingeläutet und führt Job-Interviews, beaufsichtigt „Probe-Spiel-Nachmittage“ und lädt geeignete Kandidaten/innen dann zum Recall ein. Ein mühseliges Unterfangen und ein undankbarer Zeitvertreib.

Und sie hat begonnen, Schnuller- und Kinderwagenketten zu basteln. In den Abendstunden dann. Für den bevorstehenden Babyboom im Freundeskreis. (Mein Gott, möchte ICH jetzt (!!!) NICHT schwanger sein oder gar gebären müssen!!!)

Sogar mein Blog macht grad Ferien. Ich weiß nicht, ob es einem von euch aufgefallen ist oder ob ihr selbst grad im Stand-By-Modus unter Palmen (oder Ventilatoren) dahinvegetiert und von nichts etwas mitbekommt. Zumal es ja auch nichts mitzubekommen gibt.





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